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Aus dem Leben eines Streifenhörnchens

Die Menschen, die in sein Gebiet kommen sind entspannt und gut gelaunt, sie haben viel Zeit und viel zu Essen dabei. Diese Menschen geben entzückte Laute von sich wenn sie das Streifenhörnchen erblicken und sie sind sehr großzügig. Sie teilen ohne Zögern ihr Essen mit ihm. Es hat gelernt, dass es für ein paar niedliche Blicke, ein wenig Zutrauen und Näherkommen, oft die besten Leckereien gibt.

Es ist frei in seiner Entscheidung, wo es hingeht und zu wem es kommt. Aber es hat gelernt, dass dies die einfachste Art ist, wohlgenährt über die Runden zu kommen. Es gibt allerdings auch viele Tage, da kommt keiner. Da muss es sich selbst um die Nahrungsbeschaffung kümmern, dann sucht es den Platz und die Wege ab und sammelt es die letzten liegengebliebenen Krümel ein.

In den Augen des kleinen Hörnchens gehen wir Menschen verschwenderisch mit Nahrung und Ressourcen um, anscheinend müssen wir unglaublich reich an Besitztümern sein. Es nimmt die Menschen auch als unachtsam wahr, sie lassen gerne etwas liegen. Keiner kommt zurück, um das Vergessene zu holen, demnach muss es ihnen an nichts fehlen.

Das Streifenhörnchen ist zutraulich, aber die Menschen selbst interessieren es nicht besonders, sein Interesse ist ganz und gar eigennützig. Beim Menschen fragt es sich vor allem, ob es etwas zu holen gibt. Doch dieser Eigennutz hat überhaupt nichts Rücksichtsloses oder Ausbeuterisches an sich wie es dem menschlichen Eigennutz oft anhaftet. Der Eigennutz des Streifenhörnchens ist ein natürlicher. Es ist der Eigennutz eines Tieres, das ausgezeichnet versteht, gut für sich selbst zu sorgen. Ohne schlechtes Gewissen, ohne anderen dabei etwas wegzunehmen, ohne in Konflikt zu gehen und andere menschliche Anwandlungen dergleichen Art.

Seine Nase ist ausgesprochen fein und nimmt die verschiedensten Facetten an Gerüche war. Und wenn uns in dieser wilden Einöde alles gleich erscheint, so staffeln sich seine Geruchswahrnehmungen von blumig-frisch, über deftig, hin zu den verschiedensten aromatischen Kräutern, die hier zuhause sind.

Das Streifenhörnchen ist emsig. Es ist viel beschäftigt, deswegen ist es gut, dass es so flink ist. Die Natur bietet ihm einen Parcours, den es mit all seinen Fähigkeiten mühelos meistert. Es erklimmt die höchsten Punkte von denen es einen Blick weit übers Land hat, es kann kopfüber Bäume herunterrennen, sich geschickt hinter den dünnsten Ästchen verstecken. Wenn es von einem Ast zum nächsten springt, wird es vom buschigen Schwanz durch die Luft balanciert. Ein kurzes Gefühl des Schwebens und der Schwerelosigkeit.

Das Hörnchen ist aber auch ein Meister im Buddeln, in unheimlicher Geschwindigkeit buddelt es sich kleine Verstecke für Vorräte und Bauten unter der Erde. Es kann zwischen Steinen und Felsspalten verschwinden, um an einer ganz anderen Stelle wieder aufzutauchen. Sein kleines Herzchen schlägt unheimlich schnell, ebenso schnell sind auch seine Bewegungen. Es ist flink und auch wenn es sehr zutraulich ist, so ist es stets darauf bedacht bei Gefahr zu fliehen.

Es ist Herbst und diese Zeit ist besonders geschäftig, schließlich schenkt die Natur sich nun in einer letzten Fülle und es muss Nahrung gesammelt und für die kommende Zeit vorgesorgt werden.

Das Streifenhörnchen hat ein sehr klares Zeitbewusstsein. Seine Zeitspanne, die es im Blick hat, umfasst genau einen Jahreszyklus. Mehr braucht es nicht zu überblicken, denn dann beginnt ja ohnehin alles wieder von vorn. Für das Streifenhörnchen beginnt das Jahr jetzt, das alte Jahr ist mit der Reife der Pflanzen, der Ernte ihrer Früchte und dem Kahlwerden der Bäume nun zu Ende gegangen. Das neue Jahr beginnt, nach der Zeit der Dunkelheit werden neue Samen treiben und ein neuer Sommer wird eine neue Ernte hervorbringen bevor alles von vorn beginnt. Die Jahre zählt das Streifenhörnchen nicht.

Das Streifenhörnchen ist uns Menschen gar nicht so unähnlich. Es schätzt sein Haus sehr. Es hat sich seine Wohnstatt sorgfältig ausgesucht und es sich sicher und gemütlich eingerichtet. Am Morgen schaut es aus seinem Baumhaus heraus und schaut, wie der Tag sich zeigt. Und dann geht es auf zur Arbeit. Es mag sein Tagewerk, aber es ist genauso glücklich über den Feierabend, wenn es wieder ins geborgene Heim geht, es sich zusammenrollen und schlafen kann. Nachts schätzt es die Gemütlichkeit und Geborgenheit seines Verstecks. Es rollt sich zusammen in der wohligen Wärme seines Nestchens, ein kleines Knäuel aus Fell, das sich mit seinem eigenen Körper wärmt. Es mag die langen, aktiven Tage des Sommers genauso wie die kurzen Tage des Winters, in dem es viel schlafen und ruhen kann.

Doch im Gegensatz zu uns Menschen hat das kleine Streifenhörnchen kaum Sorgen oder Nöte. Es lebt in den Tag hinein, erfreut sich an den angenehmen Dingen, seinen Fähigkeiten, seinen Sinnen – es freut sich des Lebens. Zwanglos und unkompliziert.

Es lebt im Gleichklang mit den Jahreszeiten und versteht, die jeweilige Zeit zu seinem Wohl zu nutzen. Es hat sich alles zurechtgesucht, was es für ein gutes Leben wirklich braucht, passt in seinen Lebensraum, hat seinen Rückzugsort, lebt im Gleichgewicht von Aktivität und Ruhe und schöpft aus der Fülle des Lebens seinen Teil heraus, den Teil, der ihm ganz natürlich zusteht. Es sorgt gut für sich selbst.

Und genau diese Sichtweisen und diese Art, mit der Natur und dem Leben umzugehen ist es, was wir vom Eichhörnchen lernen können.